Mittwoch, 13. Mai 2015

Unter Seeleuten

Der Inle Lake gilt als einer der Orte, die man in Myanmar gesehen haben sollte. Ehrlicherweise habe ich mich vor der Reise immer gefragt, warum eigentlich. Rausfinden wollten wir das mit einer eintägigen Bootstour über den See. Dafür hatten wir schon am Vortag am Hafen Naing Win als Bootsführer angeheuert.


Die erste Überraschung: Der Inle Lake sieht in großen Teilen gar nicht aus wie ein See. Überall gibt es die so genannten „Fließenden Gärten“, in denen hauptsächlich Tomaten angebaut werden. Geerntet wird stilsicher per Kanu. Zwischendrin gibt es immer wieder kleine Hütten mit eher wenig Bewegungsraum, in denen die Menschen wohnen.



So richtig berühmt wurde der Inle-Lake durch seine „Einbein-Fischer“. Auch wenn der Begriff es vermuten lässt: Amputationen sind hier kein liebgewonnener regionaler Brauch. „Einbeinig“ werden die Fischer dadurch, dass sie eine Technik entwickelt haben, mit einem Bein zu rudern. So haben sie beide Hände frei zum Fischen.


Gefangen werden die Fische mit Netzen und Reusen. Viele Fischer verdienen sich zur Zeit - der See hat gegen Ende der Trockenzeit nur wenig Wasser - ihren Lebensunterhalt mit der Ernte von Seegras.

 

Am See lebt mit den Intha (übersetzt etwa: „Die Leute des Sees“) ein eigener Volksstamm. Die Intha sollen vor langer Zeit aus dem Süden des Landes vertrieben worden sein, als neuer Lebensraum blieb ihnen nur der See. So bauten sie ihre Dörfer nicht an den Rand, sondern gleich in die Mitte des Inle Lakes. In der Regenzeit legt der Pegel locker um einen Meter zu, im Moment haben die Häuser aber noch viel Luft nach unten und die Kinder können beim Planschen sogar stehen.


 

Steht das Wasser höher, finden auch die Märkte auf dem See statt. Zur Zeit weichen die Menschen aber aufs Festland aus. Am Markttag eingeparkt zu werden, scheint mir kein ganz irrelevantes Problem zu sein.


Der Markt selbst unterscheidet sich nicht großartig von den anderen Märkten. Aber eine kleine Kuriosität haben wir dann doch gefunden - am Imbissstand. Wie wäre es mit etwas „Head on a stick“? 


 

Eigentlich wollten wir im Anschluss eine Weberei besuchen. Weil da der Andrang aber gerade ziemlich groß war, hat uns Naing Win spontan in sein Heimatdorf eingeladen. Durch den niedrigen Pegelstand kann man ziemlich entspannt zwischen den Häusern hin- und herlaufen.


Der Besuch in seinem Elternhaus war sicher eine der interessantesten Erfahrungen des Tages: Nun haben wir auch eine Vorstellung davon, wie es in den normalen Wohnhäusern der Intha aussieht. Zudem gab es Tee und Erdnüsse mit Zuckerrohrkandis.

 


Die letzte Station auf unserem Ausflug war das berühmte Nga-Phe-Kyaung-Kloster, das natürlich auch - wie könnte es anders sein - mitten auf dem See gebaut wurde. In dem stattlichen Teakholzbau stehen einige sehr wertvolle Budhha-Statuen.


 

Berühmt wurde das Kloster auch unter dem Namen „Kloster der springenden Katzen“. Die Mönche hatten ihren Hauskatzen über die Jahre ein paar Kunststücke beigebracht und sie durch kleine Reifen springen lassen. Der neue Abt war von dieser „Attraktion“ aber nicht angetan und hat dem Spaß vor rund zwei Jahren einen Riegel vorgeschoben. Die Katzen gibt es immer noch. Was sie jetzt machen? Nichts! Das aber immerhin auf ziemlich psychedelisch anmutenden Decken. Etwas irritierend war eine ältere Werbeanzeige, die an einem Holzpfeiler hing. Ganz offensichtlich war sich die französische Nobeltaschenmarke Louis Vuitton nicht zu blöd, mit den Einbeinruderern des Inle Lakes zu werben. Ist ja auch sehr naheliegend. Was passt besser zusammen als Luxus-Handtaschen für den Preis eines Kleinwagens und arme burmesische Fischer?

 

Unterm Strich ist es ziemlich verrückt zu sehen, wie sehr die Intha ihr Leben dem See angepasst haben. Das allein ist schon Grund genug, zum Inle Lake zu fahren. Und natürlich die Einbeinigen.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen